Braucht der Beamte denn wirklich eine Dienstunfähigkeitsversicherung?
Viele Beamte wissen nicht, dass
- sie während der Zeit als Beamter auf Widerruf (Referendar, Anwärter) und als Beamter auf
Probe, also während der Zeit vor der Verbeamtung auf Lebenszeit, aus den Beamtenverhältnis entlassen werden (Ausnahme Dienstunfall), wenn der Dienst aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichtet werden kann - ein aus gesundheitlichen Gründen vor der Verbeamtung auf Lebenszeit entlassener Beamter
lediglich für den Zeitraum der geleisteten Dienstjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung
nachversichert wird, woraus in aller Regel kein Rentenanspruch entsteht - der Beamte auf Widerruf und der Beamte auf Probe in dieser Lebensphase für den Fall X ein erhebliches Risiko tragen, ohne jeglichen Schutz
- auch der Beamte auf Lebenszeit durch Dienstrechtsreformen bei vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand mit erheblichen Einkommensverlusten konfrontiert ist, die seine gewohnte Lebensweise gefährden oder verhindern können
- eine bestehende Berufsunfähigkeitsversicherung in aller Regel nicht auf die besonderen Rahmenbedingungen des Beamten ausgerichtet ist und deshalb für den Fall der Dienstunfähigkeit oft überhaupt nicht greift
- es einige wenige Versicherungslösungen gibt, die dem Beamten für den Fall X die Sicherheit geben, die er erwartet
- sie auch teildienstunfähig werden können und auch diese Form der Dienstunfähigkeit abgesichert werden kann
Wann ist ein Beamter dienstunfähig?
Die Dienstunfähigkeit des Beamten ist in den §§ 44 ff des Bundesbeamtengesetztes (BBG) geregelt.
Dienstunfähigkeit liegt bei einem Beamten vor, wenn er aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund seines körperlichen Zustandes dauerhaft unfähig ist, die dienstlichen Pflichten zu erfüllen. Ebenso kann als dienstunfähig angesehen werden, wer aufgrund einer Erkrankung innerhalb von sechs Monaten über drei Monate keinen Dienst mehr getan hat und keine Aussicht besteht, dass die Dienstfähigkeit binnen weiterer sechs Monate wieder voll hergestellt werden kann (§ 44 BBG).
Die Möglichkeit der begrenzten Dienstfähigkeit besteht, wenn der Beamte unter Beibehaltung des übertragenen Amtes die Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann (§ 45 BBG).
Hält der Dienstvorgesetzte den Beamten aufgrund eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand für dienstunfähig und ist eine anderweitige Verwendung nicht möglich oder liegen die Voraussetzungen für die begrenzte Dienstfähigkeit nicht vor, erfolgt die Versetzung in den Ruhestand (§ 47 BBG).
Die ärztliche Untersuchung kann nur einem Amtsarzt übertragen werden (3 48 BBG). Ein Beamter auf Widerruf kann jederzeit ohne Einhaltung einer Frist entlassen werden (§ 37 BBG). Ein Beamter auf Probe wird aus dem Dienst entlassen, wenn die in § 49 BBG genannten Voraussetzungen für eine Versetzung in den Ruhestand (Dienstunfall) nicht vorliegen (§34 BBG).
Nach der Entlassung besteht kein Anspruch auf Besoldung und Versorgung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (39 BBG). Ist der Beamte infolge des Dienstunfalles dienstunfähig geworden und in den Ruhestand getreten, so erhält er ein Unfallruhegehalt (36 BBG).
Wann erhält der Beamte ein Ruhegehalt?
Im Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) ist geregelt, ob ein Beamter bei Dienstunfähigkeit Anspruch auf Versorgungsbezüge hat; in einigen Bundesländern gibt es ähnliche landesrechtliche Vorschriften, in den anderen gilt das Gesetz unmittelbar.
Wie hoch ist das Ruhegehalt des Beamten?
Nach derzeitiger Rechtslage steigert jedes volle Dienstjahr, in dem ein Beamter zugleich gearbeitet hat, den individuellen Anspruch auf Ruhegehalt um den Wert 1,79375, so dass nach 40 Jahren der höchstmögliche Wert von 71,75 verdient wird. Der so ermittelte Prozentsatz ergibt bezogen auf die aktuellen Dienstbezüge den Anspruch auf die Pension des Beamten.
Bei vorzeitiger Versetzung des Beamten in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen gilt folgende -vereinfachte – Formel:
(zurückgelegte Dienstjahre + 2/3 der fiktiven Dienstjahre bis zum 60.Lebensjahr) x 1,79 = prozentualer Versorgungsanspruch
hiervon ist für jedes Jahr vor der planmäßigen Pensionierung ein Prozentsatz von 3,6 – maximal jedoch 10,8 in Abzug zu bringen.
Bei Versetzungen in den Ruhestand, bedingt durch einen Dienstunfall, gelten günstigere Modalitäten. Die Mindestversorgung eines Beamten auf Lebenszeit beträgt bei Bundesbeamten seit 01.06.2015 1495,36 € für Beamte ohne (ledig) und 1573,76 € für Beamte mit Familienzuschlag (verheiratet).
Ist jede Berufsunfähigkeitsversicherung grundsätzlich für Beamte geeignet?
Nein! Üblicherweise ist man gemäß den Versicherungsbedingungen einer Berufsunfähigkeitsversicherung dann berufsunfähig, wenn man infolge von Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls voraussichtlich für 6 Monate außerstande ist seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit zu mindestens 50 % auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und die seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.
Da die Versetzung / Entlassung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nicht zwangsweise bedeutet, dass dieses Kriterium erfüllt ist, besteht für den Beamten ein hohes Risiko, dass er zwar von seinem Dienstherrn als dienstunfähig, laut Versicherungsbedingungen allerdings nicht berufsunfähig ist und folglich keine Versicherungsleistungen erhält. Der Beamte hätte also jahrelang oder sogar jahrzehntelang Beiträge bezahlt, erhält aber für den Fall X keine Leistungen.
Deshalb sollten Beamte darauf achten, dass sie sich für eine Berufsunfähigkeitsversicherung entscheiden, die eine so genannte echte und vollständige Dienstunfähigkeitsklausel enthält. Sie deckt das beim Beamten gegebene Risiko der allgemeinen Dienstunfähigkeit ab. Als „echt“ wird eine Dienstunfähigkeitsklausel angesehen, wenn Sie keinen Verweis auf die Kriterien der Berufsunfähigkeitsversicherung enthält. Der Zusatz „vollständig“ trifft zu, wenn die Klausel nicht auf eine bestimmte Beamtengruppe, z.B. nur auf Beamte auf Lebenszeit, bezogen wird.
Mit einer Dienstunfähigkeitsklausel unterwirft sich der Versicherer der Einschätzung der Behörde. Das heißt, mit der Versetzung in den Ruhestand wird die Leistungspflicht des Versicherers ausgelöst. Diese für den Beamten geeignete Absicherung wird entweder als Berufsunfähigkeitsversicherung mit Dienstunfähigkeitsklausel oder auch als Dienstunfähigkeitsversicherung bezeichnet. Für den Bereich des Vollzugsdienstes, der Polizei, Feuerwehr und Soldaten auf Zeit sind Besonderheiten zu beachten.
Bieten alle Versicherer eine Dienstunfähigkeitsversicherung an?
Es gibt sehr viele Versicherer, die eine Berufsunfähigkeitsabsicherung anbieten, aber nur ganz wenige mit der ausschließlich empfehlenswerten Dienstunfähigkeitsklausel.
Vorsicht:
Erfahrungsgemäß erzählen insbesondere Versicherungsvertreter, die nur eine Gesellschaft vertreten, Beamten oftmals, die vorgeschlagene Absicherung der Berufsunfähigkeit sei für Beamte geeignet, obwohl dieser Versicherer keine Dienstunfähigkeitsklausel anbieten kann!!!
Dies kann dramatische Folgen haben, wenn
- der Leistungsfall eingetreten ist und der Versicherer „zu Recht“ nicht leistet
die falsche Absicherungsform später bemerkt wird, ein Wechsel zu einer geeigneten Dienstunfähigkeitsabsicherung aber wegen zwischenzeitlich eingetretenem Gesundheitszustand nicht mehr möglich ist
Worauf ist bei der Auswahl einer geeigneten Dienstunfähigkeitsabsicherung zu achten
- Definition der eigenen Versorgungssituation aktuell und perspektivisch
- Ausgestaltung der Dienstunfähigkeitsklausel und konkrete Auswirkung auf den jeweiligen Status des Beamten (Beamter auf Widerruf/Beamter auf Probe/Beamter auf Lebenszeit)
- Finanzstärke des Versicherers
- Notwendigkeit der Absicherung einer speziellen Dienstunfähigkeitsklausel notwendig/realisierbar? (z.B. für Polizisten, Feuerwehrbeamte, …)
- Professionalität des Versicherers im Beamtensegment
- Flexibilität des Versicherungsschutzes (z.B. automatische Umwandlung eines Dienstunfähigkeitsschutzes in einen Berufsunfähigkeitsschutz bei einem Wechsel der Eigenschaft als Beamter zum Arbeitnehmer)
- sehr unterschiedliche Angebote der Versicherer im Detail (z.B. bezüglich Rentenhöhe,
Rentenanpassungsmöglichkeiten, zulässigem Endalter, Einschlussmöglichkeit der Teildienstunfähigkeit, …) - Inanspruchnahme von auf Beamte spezialisierten Versicherungsmaklern und Versicherungsberatern, die nicht nur eine Versicherung vertreten, sondern den gesamten
Markt analysiert haben und kompetente und individuelle Lösungsansätze unterbreiten
In welcher Beamtenphase braucht der Beamte eine Absicherung der Dienstunfähigkeit?
Beamter auf Widerruf (Referendar/Anwärter)
Werden Beamte auf Widerruf durch einen Freizeitunfall oder Krankheit dienstunfähig, sind sie nicht abgesichert! Sie werden aus dem Beamtenverhältnis entlassen und in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert; in aller Regel ohne positive Auswirkung, da die Mindestanwartschaft von 60 Versicherungsmonaten nicht erfüllt ist.
Der Beamte auf Widerruf trägt bis zur Verbeamtung auf Lebenszeit ein existenzbedrohendes Risiko für den Fall X, weil er meist ohne jeglichen Schutz (Ausnahme vorheriger Dienstunfall) von staatlicher Seite (Dienstherr, gesetzliche Rentenversicherung, …) seinen Lebensunterhalt bestreiten soll.
TIPP: wenige Versicherer bieten wegen der bekannt ungünstigen Situation für Beamte auf Widerruf für die Phase bis zur Verbeamtung auf Lebenszeit Sonderlösungen im Rahmen einer Dienstunfähigkeitsabsicherung mit einem besonders hohen Rentenanspruch an.
Beamter auf Probe
Werden Beamte auf Probe durch einen Freizeitunfall oder Krankheit dienstunfähig, sind sie nicht abgesichert. Sie werden aus dem Beamtenverhältnis entlassen und in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert; in aller Regel ohne positive Auswirkung, da die Mindestanwartschaft von 60 Versicherungsmonaten nicht erfüllt ist.
Der Beamte auf Probe trägt bis zur Verbeamtung auf Lebenszeit ein existenzbedrohendes Risiko für den Fall X, weil er meist ohne jeglichen Schutz (Ausnahme vorheriger Dienstunfall) von staatlicher Seite (Dienstherr, gesetzliche Rentenversicherung, …) seinen Lebensunterhalt bestreiten soll.
TIPP: wenige Versicherer bieten wegen der bekannt ungünstigen Situation für Beamte auf Probe für die Phase bis zur Verbeamtung auf Lebenszeit Sonderlösungen im Rahmen einer Dienstunfähigkeitsabsicherung mit einem besonders hohen Rentenanspruch an.
Beamter auf Lebenszeit
Beamte auf Lebenszeit haben im Falle einer Dienstunfähigkeit entweder nur Anspruch auf die Mindestversorgung oder, bei längerer Dienstzugehörigkeit, Anspruch auf die individuell berechnete Versorgung. Unter Berücksichtigung der Verlängerung der erforderlichen Dienstjahre von 35 auf 40, der Berücksichtigung von Abschlägen bei vorzeitigen Ruhestand, … erhalten oftmals auch Beamte auf Lebenszeit nur Versorgungsbezüge in Höhe von 40 bis 60 % der vorherigen Dienstbezüge (geringe Abweichungen nach unten und oben in Ausnahmefällen). Damit ist auch für den Beamten auf Lebenszeit die Minimierung der Versorgungslücke dringend empfohlen!
Weitere Tipps für Beamte bei der Wahl der geeigneten Dienstunfähigkeitsabsicherung
Endalter/Laufzeit
Für Beamte jungen und mittleren Alters gilt als Eintrittsalter für den Ruhestand die Vollendung des 67 Lebensjahres (Ausnahme Polizei, Feuerwehr,…) Es gibt Anbieter, die grundsätzlich nur bis zum 55. oder 60 Lebensjahr Versicherungsschutz anbieten. Diese Angebote erscheinen auf den ersten Anblick auch bezüglich des Beitrages interessant, weil deutlich günstiger. Der günstige Beitrag nutzt jedoch wenig, wenn der Versicherungsschutz 5 oder 10 Jahre früher als empfohlen endet.
Die Empfehlung lautet deshalb, den Versicherungsschutz am normalen Pensionseintrittsalter zu orientieren.
Teildienstunfähigkeit
Zum 01.06.1999 wurde eine begrenzte Dienstunfähigkeit eingeführt. Wenn der Beamte seinen Dienst voraussichtlich nicht mehr voll wird verrichten können ist der Amtsarzt seither regelmäßig aufgefordert zur Beurteilung der Frage, ob der Beamte mindestens 50 % der Arbeitszeit aktiv sein kann.
Bejaht dies der Amtsarzt wäre der Beamte teildienstunfähig (z.B. 50% Beamter/50% Pensionist).
Die Zahlung einer -anteiligen Dienstunfähigkeitsrente ist möglich, allerdings am Markt nur sehr selten anzutreffen.
Dynamisierung und Anpassung der Rentenzahlung
Die Laufzeit einer Dienstunfähigkeitsabsicherung umfasst meist viele Jahrzehnte, in manchen Fällen bis zu 50 Jahren. Sofern heute eine Dienstunfähigkeitsrente mit z.B. 800 € vereinbart wird, wird der Gegenwert inflationsbedingt in 30, 40 oder 50 Jahren erheblich geringer sein.
Zum Vertragsbeginn ist die Zusatzvereinbarung einer jährlichen Dynamik von 2 – 3 % deshalb zu empfehlen.
Gleiches gilt für die Phase der Rentenzahlung; auch hier kann und sollte bereits bei Vertragsabschluss die jährliche Rentenerhöhung mit 1, 2 oder 3 % vereinbart werden, um die Gefahr von Kaufkraftverlusten zu minimieren.